Städte in Angst. Chemnitz. Bitterfeld. Freital.
Ein Beitrag zum Themengebiet Anmerken., geschrieben am 24. September 2018 von Thomas LasserDieses Weblog ist eigentlich nicht politisch. Texte, die ich hier veröffentliche, sollen vor allem Spaß machen. Das Problem ist nur: Mir macht Vieles, was gerade in Deutschland passiert, von der restlichen Welt ganz zu Schweigen, überhaupt keinen Spaß. Was, bitte, ist eigentlich los in unserem Land, das ich für eines der besten in der Welt halte um dort zu leben? Wieso mancherorts so viel Hysterie, Hetze, Hass, Gewalt und … tja … Vergesslichkeit?
Ja, es sind in den letzten drei Jahren sehr viele Geflüchtete in unser Land gekommen. Die allerallermeisten davon sind vor Krieg, Verfolgung, Folter, Hunger und Vergewaltigung geflohen. Es ist unsere Pflicht diesen Menschen zu helfen. Nicht aufgrund unserer eigenen Geschichte, sondern, weil wir tun müssen, was man kann. Und ja, es sind auch Menschen dabei, die einfach nur keine Lust mehr auf Armut haben, endlich ein Ikea-Sofa und einen Flatscreen wollen und besonders trickreich unser Sozialsystem ausnutzen.
Letzteres ist ganz schlecht und führt mich zum ersten großen Problem in Deutschland: Wir haben das über Jahre kommen sehen, zum Teil selbst verschuldet, und nichts getan. Das ein Land wie Deutschland weder über ein Einwanderungsgesetz noch über eine Infrastruktur verfügt, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen und kriminelle Einwanderer nicht schnell identifiziert, einsperrt oder abschiebt, ist schlimm. Keine Frage. »Wir schaffen das« und die damit einhergehende Aufnahme von Menschen war richtig. Nur hat »der Staat« danach leider stellenweise versagt und nicht die richtigen Mittel und Maßnahmen ergriffen um daraus »Wir schaffen das ordentlich« zu machen. Es kann nicht sein, dass man hier ohne Pass einreisen, aber nicht mehr abgeschoben werden kann. Es darf nicht sein, dass als kriminell identifizierte Leute unser Land nicht sofort verlassen müssen. Das schlimme daran: Das würden wir allein logistisch gar nicht schaffen …
Zweites großes Problem: Ostdeutschland, eher frei von Migranten, fühlt sich offensichtlich besonders bedroht, was ja eine eher gefühlte, als eine tatsächliche Bedrohung sein kann. Es ist praktisch nach der Übernahme der DDR durch die BRD die zweite gefühlte »Übernahme«, jetzt durch das Fremde. Das ist natürlich Quatsch. Die Angst ist aber offensichtlich da. »Die kriegen alles, für uns bleibt nichts!« Wie viel Billionen € sind seit 1989 in den Aufbau der fünf neuen Länder geflossen? Eben. Dabei hat sich die Lebensqualität Vieler verbessert, die Renten steigen, zum Teil sogar höher als im Westen, die Arbeitslosigkeit war selten geringer.
Drittes Problem: Die Wirtschaft in Deutschland boomt wie selten, die Konzerne verdienen Geld wie nie. Nur kommt das bei den Menschen, jetzt in Ost und West, nicht mehr an. Unser Staat, seit je her allergisch gegen Eingriffe in den Markt, hat es hinbekommen, das aus der Sozialen Marktwirtschaft eine reine Marktwirtschaft geworden ist. Ich habe gelesen, dass 8 von 10 Hamburgern Angst haben, sich in Zukunft ihre Stadt nicht mehr leisten zu können. Gesellschaftlicher Zündstoff vom Feinsten.
Viertes großes Problem: Die falschen Leute zur passenden Zeit an den brennenden Punkten. Der Film »Stadt in Angst« von John Sturges aus dem Jahr 1955 zeigt auf, wie sich ein Mob bildet. Er spielt 1945 in irgendeiner Kleinstadt im Südwesten der USA. Ein Fremder dringt in ein bis dahin geschlossenes System ein, man hat Angst vor Fragen und Wahrheiten. Die Einheimischen rotten sich zusammen, verbünden sich, schotten sich ab. Sie habe Angst. Im Film soll der Tod eines Japaners im Ort nach dem Angriff auf Pearl Harbour vertuscht werden. Ein Sheriff wird zum Wortführer, wiegelt die unsicheren Bewohner gegen den Fremden auf. Die Lage gerät außer Kontrolle. Den Film haben Björn Höcke & Co. scheinbar gesehen. Das gepaart mit ein paar alten Propagandaideen aus den 30er Jahren … schlimm, dass das offensichtlich immer noch funktioniert. Denk ich an Deutschland in der Nacht … Ich weiß nicht, wie das weitergehen soll.