La Nouva Botteghina. Neuland.
»Trau Dich!« ist ein Satz, den ich selten höre, denn ich wage mich regelmäßig auf unbekanntes Terrain.
Wer hat sich schon mal auf Etwas eingelassen, ohne auch nur im Ansatz zu wissen, was auf ihn zukommt? Mache ich ständig. Vor Jahren bin ich mal in ein Konzert des mir bis dahin nicht bekannten Tord Gustaven Trios im Pavillon gegangen. Und machte eine metaphysisch musikalische Erfahrung am Bühnenrand. Ich ging auch schon mal auf ein Blinddate ein. Und fand mich nicht nur mit einer, sondern mit gleich zwei todlangweiligen Frauen in einer schlimmen Bar in der List wieder. Erst neulich hat man mich zum ersten Mal nach Thaiart massiert. Danach konnte ich fast eine Woche lang kaum laufen.
Und nun? Auf ins La Nouva Botteghina! Ein Restaurant, über das ich, was in Hannover eher selten vorkommt, überhaupt nichts weiß. Als ich jedoch davorstehe, weiß ich aber sofort: nichts für Architekturfreaks. Denn das kleine Häuschen am Rande der Straße war mal ein Kiosk und sieht noch immer so aus. Im Innenraum ein, sagen wir mal, bunter Mix aus allerlei italienischer Deko und alten Fotos, die darauf schließen lassen, wo die Wirtin Maria de Marco ihre Wurzeln hat: auf Sizilien. Und auf dieser Insel habe ich schon immer gut gegessen …
Die Klassiker der italienischen Küche, Antipasti, Pasta und Pizza, sind in einer kleinen Speisekarte zusammengefasst, die Tagesempfehlungen werden auf einer Tafel am Tisch vom wirklich ausgesprochen emsigen Service präsentiert. Und lesen sich alle gut. Wie Ravioli mit Avocadocreme und Gorgonzola. Habe ich in dieser Kombination noch nie gegessen und übertreffen meine Erwartungen bei weitem. Die Pasta ist in jedem Fall handgemacht, die sie krönende Sauce von seltener Raffinesse. Tutto bene, denke ich mir. Weiter geht es mit einem Saltimbocca alla Romana, zwar eigentlich ein römisches Gericht, das aber auch auf diesem sizilianischen Herd ausgezeichnet gelingt. Zartes Kalbsfleisch, kräftiger Paraschinken und frischer Salbei ergeben ein tolles Geschmackserlebnis. Sehr zufrieden lehne ich mich zurück, nehme einen Schluck Wein und frage mich: Gab es etwas auszusetzen?
Jein. Ganz bewusst habe ich bis jetzt das Carpaccio verschwiegen, das nämlich meine Vorspeise war. Es war mir eindeutig zu kalt, frisch aus dem Eisfach, und die vielen Tomatenstücke und Gurkenscheiben darauf hätten noch locker für einen kleinen gemischten Salat ausgereicht. Dann probiere ich beim nächsten Mal doch lieber das Vitello Tonnato, das aber leider bei meinem Besuch nicht vorrätig war. Und da mir mein Führerschein am Herzen liegt, habe ich erst gar nicht nach der Weinkarte gefragt, bin also bei den offenen Hausweinen geblieben. Die waren okay, die sizilianischen Hänge und Keller geben aber sicher noch größeres her. Vielleicht komme ich ja noch mal in Begleitung wieder, die mich dann hoffentlich nach Hause fährt. Dann frage ich danach. Versprochen.
(Dieser Artikel erschien in »Hannover geht aus«, Ausgabe Sommer 2019. Jetzt am Kiosk!)