Altes Jagdhaus. Ein Stern!
Ein Restaurant, das seinen Namen trägt, das hatte er noch nie. Aber dafür hat Joachim Stern in Hannover an vielen Orten immer wieder Akzente gesetzt. Was geht denn im Moment so?
Gastronomischer Offenbarungseid. Verdammt. Und das mir. Ich habe es immer mal wieder befürchtet. Aber gehofft, der Kelch ginge schon an mir vorbei. Aber jetzt, jetzt ist es passiert. Ich muss mich »outen«. Nein, nein … bitte! Keine falsche Vorfreude. Hier geht es nicht um Vorlieben beim Sex, sondern um die pure Lust am Essen. Also: Zwei Männer haben mich die Welt des exquisiten Geschmacks eingeführt, mir gezeigt, wie verführerisch und stimulierend so ein paar ausgiebige Stunden an einem Tisch mit Messer, Gabel und Gourmetlöffel sein können. Der eine, das war mein Vater. Der andere, und ist jetzt wirklich kein Scherz, das war Joachim Stern.
Sein Étoile in der Wiehbergstraße in Döhren, heute das Titus von Dieter Grubert, war 1989 das erste Restaurant, in dem ich mich vor lauter Geschmack und Genuss an der Tischplatte festhalten musste, um nicht drunter zu rutschen. So hatte ich vorher noch nie gegessen, aber so viel Geld war mir essen gehen auch davor noch nicht wert. Also, wie reden hier über 180 Mark mit Wein für Zwei, damals für mich ein kleines Vermögen. Also bin ich gespannt auf meinen Besuch im Alten Jagdhaus, seit 2005 Joachim Sterns neues Restaurant in Hannover.
Das liegt nicht unbedingt »zentral«, sondern wirklich »vor der« Seelhorst, einem Waldstück am Messeschnellweg. Hier empfängt der Chef noch selbst. Geleitet einen zum Tisch. Reicht die Karten. Eilt zwischendurch zum Telefon. Notiert dann die Speisen- und Getränkewünsche. Und kocht dann natürlich auch. Bewundernswert, denn das Restaurant, über dessen, na ja, tradiertes Wohnzimmerambiente man wirklich kräftig streiten kann, ist so gut wie ausgebucht. Joachim Stern setzt auf viel kalte Küche auf Blattsalaten an der Vorspeisenfront und auf einige Schmorgerichte im Hauptspeisenbereich, was sich gut vorbereiten lässt und schnell anzurichten ist. Der Stil der Küche ist immer noch fein, aber nicht mehr so frankophil wie im Étoile. Wir sind ja auch in einem alten Jagdhaus, da ist der Raum für Überraschendes wohl kleiner. Ausnahme vielleicht: gebratene Zungen vom Lofoten-Kabeljau. Hatte ich an diesem Abend aber keine Lust darauf. Denn ich liebe geschmorte Ochsenbacke. Und dafür gibt es von mir … einen Stern!
(Dieser Artikel erschien in »Hannover geht aus«, Ausgabe Sommer 2013)