Die Insel by Aspria. Love Island.
Es gibt Dinge, auf die freut man sich schon wochenlang, bevor sie passieren. Ein Besuch in der Insel am Maschsee gehört für mich auch dazu.
Die erste Kastanie der Saison. Es gibt im Herbst nichts Perfekteres. Glatt, glänzend, ein einziges Versprechen. Die Kids flippen aus, füllen ganze Tüten, aber auch ihre Eltern packen sich die Jackentasche voll, als Glücksbringer für kommende Zeiten. Was die Kastanie beim spazieren gehen, ist die Insel für mich seit Jahren beim essen gehen. Ein Höhepunkt in jeder einzelnen kulinarischen Jahreszeit. Kaum ein Ort in Hannover ist besser geeignet, den Frühling zu begrüßen, den Sommer zu feiern, im Herbst zu entspannen und sich den Winter zu verschönern. Nun ist Norbert Schu seit Sommer von Bord, sind Benjamin Meusel und die Besatzung noch dort, aber die Eigentumsverhältnisse haben sich geändert. Wird »by Aspria« jetzt alles anders?
Das einzige Ding, was mich beim Besuch der Insel schon seit Jahren nervt, ist die Parkplatzsituation »by Aspria«, denn statt den eigenen Parkplatz ein paar Meter neben dem Club zu benutzen, parken die Mitglieder von früh bis spät direkt davor und damit direkt vor der Insel. Unsportlich, würde ich sagen. Der Ärger nach der endlosen Parkplatzsuche ist jedoch wie weggespült, als ich die Beletage erreicht und einen Aperitif auf dem Tisch habe. Die glasweise ausgeschenkten, mutig kalkulierten Champagner sind immer gut. Zum Glück auch der Service, denn von einem Restaurant, das als eine feste Größe in der besseren Gastronomie Deutschlands gilt, erwarte ich das. Und überhaupt: Auf den ersten Blick ist alles »wie immer«, ich bin, ehrlich gesagt, beruhigt. Selbst der Weinwälzer, der früher regelmäßig Deutsche Meisterschaften in den Kategorien »Auswahl« und »Preis-Leistung« gewann, ist noch da. Ich wähle gemäß meinem Motto »Top-Produzent, kleine Lage« einen »Saint Aubin« von Jean Marc Boillot. Ein charakterstarker Begleiter zu all meinen drei Gerichten, das nur vorweg.
Die gegrillte Riesengarnele als Vorspeise ist wundervoll knackig, wird von Nocken aus geschmortem Kürbis auf dem Teller begleitet und von einer Orangensabayone fruchtig abgerundet. Ein frischer Auftakt in der gewohnt kreativen Art der Küche. Im Zwischengang kommt für mich nur der mit Vacherin Mont d´Or in Frage, da ich ihn liebe und wirklich gespannt bin, was man in der Insel draus zaubert. Ich genieße den Käse als eine luftig leichte Wolke auf Kartoffelschaum, gekrönt von frisch gehobelten schwarzen Trüffeln, eine optische und geschmackliche Sensation auf Sterneniveau. Und bin, bevor der Hauptgang kommt, fast schon satt. Die herbstlich-pikante Version des Müritz-Zanders auf Rahmsauerkraut ist jedoch so köstlich, dass ihn »leider« bis zur letzten Gabel genießen »muss«. Wie immer. Beim Verlassen der Insel drehe ich mich auf dem Parkplatz noch einmal um und blicke zufrieden in Richtung der hell erleuchteten Fenster im Obergeschoss. Die Liebe zur Insel ist immer noch da.
(Dieser Artikel erschien in »Hannover geht aus«, Ausgabe Winter 2019. Jetzt am Kiosk! Ich fotografiere in den Restaurants grundsätzlich ohne Blitz. Daher die zum Teil maue Ausleuchtung.)